Tanja Ruperti, Rechtsanwältin

Der Anspruch auf Weihnachtsgeld

Alle Jahre wieder – oder doch nicht? Wenn Weihnachten vor der Tür steht wünscht man sich das Weihnachtsgeld herbei. Doch was, wenn es nicht kommt? Darf mein Arbeitgeber diese Zahlung auslassen?

Inhalt

Weihnachtsgeld – Sonderzahlung zum Weihnachtsfest.

Weihnachten steht vor der Tür und damit auch die alljährliche Frage: Zahlt er oder zahlt er nicht? Und wenn er nicht zahlt: Müsste er denn nicht aber eigentlich?
Die schon sprichwörtliche anwaltliche Antwort darauf lautet: Es kommt darauf an.

Was versteht man eigentlich unter Weihnachtsgeld?

Weihnachtsgeld (auch Jahressonderzahlung, Sonderzuwendung, Sonderzahlung oder Gratifikation genannt) ist eine zusätzlich zum regulären Lohn oder Gehalt gewährte Sonderzahlung aus Anlass des Weihnachtsfestes (Treueprämie), die dementsprechend in der Regel im November oder Dezember gezahlt wird. Das Weihnachtsgeld hat als sogenannte Einmalzahlung keinen Entgeltcharakter und ist deshalb nicht Teil des monatlichen Gehaltsanspruchs.

Nicht zu verwechseln ist das Weihnachtsgeld mit dem „13. Monatsgehalt“. Beide Begriffe werden häufig synonym verwendet, bezeichnen allerdings ganz unterschiedliche rechtliche Ansprüche. Das 13. Monatsgehalt ist keine Sonderzahlung, die aus einem bestimmten Anlass geleistet wird, sondern ein Teil des Jahresgehalts, das anstatt in 12 Raten in 13 Raten gezahlt wird. Es hat anders als das Weihnachtsgeld grundsätzlich Entgeltcharakter weshalb regelmäßig ein Rechtsanspruch auf die Zahlung des 13. Monatsgehalts bestehen wird.

Ist der Anspruch auf Weihnachtsgeld gesetzlich geregelt?

Nein. Es gibt grundsätzlich keinen gesetzlich geregelten Anspruch auf Weihnachtsgeld (Ausnahme: Beamte). Ob und in welcher Höhe Weihnachtsgeld gezahlt wird hängt deshalb von der jeweiligen Situation bzw. Regelung im jeweiligen Betrieb ab.

Woraus ergibt sich ein Anspruch auf Weihnachtsgeld?

Der Anspruch auf Weihnachtsgeld kann sich aus dem Arbeitsvertrag, aus einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag oder einer in Ihrem Betrieb anwendbaren Betriebsvereinbarung ergeben.

Sehr oft resultiert der Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld aber aus einer wiederholt freiwilligen Zahlung des Arbeitgebers (sog. betriebliche Übung). Das bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber, wenn er Ihnen über einen längeren Zeitraum hinweg (mindestens 3 Jahre) das Weihnachtsgeld vorbehaltlos, also ohne die Erklärung, dass die Zahlung freiwillig und ohne Rechtsanspruch für die Zukunft erfolgt, gezahlt hat, kraft „betrieblicher Übung“ zur Zahlung verpflichtet ist. In dem Fall ist ein Rechtsanspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes entstanden, der als ungeschriebener Bestandteil des Arbeitsvertrages gilt.

Ein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld kann sich außerdem aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Erhalten alle Ihre Kollegen oder eine bestimmte Gruppe Weihnachtsgeld, darf Ihr Arbeitgeber Ihnen das Weihnachtsgeld nicht ohne einen wichtigen Grund vorenthalten, wenn Sie mit den Kollegen, die Weihnachtsgeld erhalten, vergleichbar sind.

Kein sachlicher Grund für eine ungleiche Behandlung ist eine Teilzeittätigkeit. Teilzeitbeschäftigte haben den gleichen Anspruch auf Weihnachtsgeld wie ihre in Vollzeit beschäftigten Kolleg/innen. Eine derartige Benachteiligung würde nicht nur gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sondern auch gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz verstoßen.

Tanja Ruperti, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Berlin

»Auch wenn nicht gesetzlich geregelt, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Weihnachtsgeld.«

Darf der Arbeitgeber einzelne Mitarbeiter von der Weihnachtsgeldzahlung ausschließen?

Ihrem Arbeitgeber ist es ist nicht grundsätzlich verwehrt, bestimmte Arbeitnehmer vom Weihnachtsgeld auszuschließen. Er muss nur einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung haben. So ist es zum Beispiel legitim, wenn Arbeitnehmer mit einem höheren Gehalt oder einer variablen, leistungsabhängigen Vergütung von der Zahlung ausgenommen werden.
Zulässig ist es auch, wenn Ihr Arbeitgeber eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit zur Voraussetzung für die Zahlung von Weihnachtsgeld macht.

Darf sich der Arbeitgeber die Freiwilligkeit der Weihnachtsgeldzahlung vorbehalten?

Ja. Dies darf er deshalb, weil das Weihnachtsgeld als sogenannte Einmalzahlung nicht zum laufenden monatlichen Arbeitsentgelt gehört. Wenn Ihr Arbeitgeber also in Ihrem Arbeitsvertrag klar und deutlich formuliert, dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes freiwillig erfolgt und auch durch die wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruches für die Zukunft begründet wird, dann ist dieser Vorbehalt wirksam und Ihr Arbeitgeber kann auch kurzfristig die Zahlung verweigern oder gegenüber dem Vorjahr kürzen.

Soweit die Zahlung von Weihnachtsgeld – und damit auch ein Freiwilligkeitsvorbehalt gar nicht erst in Ihrem Arbeitsvertrag geregelt ist, muss Ihr Arbeitgeber bei jeder einzelnen Auszahlung des Weihnachtsgeldes darauf hinweisen, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründet. Dass er eine solchen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt hat, muss im Zweifel Ihr Arbeitgeber beweisen.

Darf sich der Arbeitgeber den Widerruf der Weihnachtsgeldzahlung vorbehalten?

Grundsätzlich ja. Allerdings ist der Widerruf einer Weihnachtsgeldzahlung nicht ohne weiteres möglich.

Anders als bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt, der verhindert, dass ein Anspruch auf die Zahlung von Weihnachtsgeld überhaupt entsteht, setzt der Widerrufsvorbehalt voraus, dass ein Anspruch auf die Zahlung besteht. Der Arbeitgeber will sich jedoch die Möglichkeit offen halten, den Anspruch einseitig wieder aufzuheben.

Ob Ihr Arbeitgeber von einem Widerrufsrecht wirksam Gebrauch machen kann, hängt zunächst einmal davon ab, ob der Widerrufsvorbehalt überhaupt wirksam vereinbart worden ist. Dies ist häufig nicht der Fall.
Ein solcher Vorbehalt muss vertraglich vereinbart sein und zwar an gut sichtbarer Stelle im Arbeitsvertrag, er muss klar formuliert sein und insbesondere die Gründe für einen Widerruf nennen, damit Sie wissen, unter welchen Voraussetzungen Sie Ihren Anspruch möglicherweise durch einen Widerruf verlieren können.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 30.7.2008 (10 AZR 606/07) eine Formulierung in einem jahrzehntelang von vielen Arbeitgebern verwendeten – und also noch auf viele laufende Arbeitsverhältnisse anwendbaren – Formulararbeitsvertrag als zu unklar und deshalb unwirksam erklärt. In der Klausel heißt es, dass das Weihnachtsgeld eine „freiwillige, stets widerrufliche Leistung“ sei. Das Bundesarbeitsgericht hat beanstandet, dass hier zwei sich gegenseitig ausschließende Regelungen formuliert werden, denn wenn das Weihnachtsgeld von vorneherein freiwillig gezahlt worden ist, dann ist ein Widerruf gar nicht nötig (und auch nicht möglich). Diese Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt mache die Regelung unklar und führe deshalb zur deren Unwirksamkeit.

Aber auch dann, wenn ein Widerruf wirksam vereinbart worden ist, kann Ihr Arbeitgeber die Weihnachtsgeldzahlung nicht ohne Weiteres widerrufen sondern nur dann, wenn die vertraglich vereinbarten Widerrufsgründe auch tatsächlich vorliegen und der Widerruf nicht „unbillig“ (§ 315 BGB) ist, Sie also beispielsweise unverhältnismäßig belastet.

Kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld wegen längerfristigem Arbeitsausfall kürzen?

Waren Sie im laufenden Jahr längere Zeit krank oder sind Sie (ganzjährig oder anteilig) in Elternzeit stellt sich die Frage, ob Ihr Arbeitgeber berechtigt ist, Ihnen das Weihnachtsgeld zu kürzen oder gar ganz zu streichen.

Auch die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, welchen Charakter die „Sonderzahlung“ hat. Handelt es sich um ein echtes 13. Monatsgehalt, haben Sie keinen Anspruch auf Zahlung, da für das 13.Monatsgehalt nichts anderes gelten kann als für die übrigen regulären Gehaltszahlungen. Wenn Sie einen Teil des Jahres nicht gearbeitet haben, kann Ihr Arbeitgeber das 13. Monatsgehalt anteilig kürzen.

Dient die Sonderzahlung hingegen der Belohnung Ihrer Betriebstreue – wie es beim Weihnachtsgeld der Fall ist – dann ist eine Kürzung ausgeschlossen. Sie kann auch nicht wirksam vertraglich vereinbart werden.

Unter welchen Umständen muss ich das Weihnachtsgeld zurückzuzahlen?

Grundsätzlich ist eine Rückforderung des Weihnachtsgeldes ausgeschlossen. In Arbeitsverträgen wird aber häufig eine Rückzahlungspflicht vereinbart, für den Fall, dass der Mitarbeiter kurz nach der Auszahlung des Weihnachtsgeldes aus dem Betrieb ausscheidet.

Allerdings darf auch eine solche Rückzahlungsklausel bestimmte Grenzen nicht überschreiten:

  • Weihnachtsgeld von weniger als 100,00 EUR kann nicht zurückgefordert werden
  • ein höheres Weihnachtsgeld, das jedoch ein Bruttomonatsgehalt nicht übersteigt, muss nur zurückgezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer bis zum 31.3. des Folgejahres ausscheidet. Klauseln, die eine längere Bindung vorsehen, sind unwirksam
  • beträgt das Weihnachtsgeld mehr als ein Bruttomonatsgehalt, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vertraglich bis zum 30.6. des Folgejahres binden. Endet das Arbeitsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt, muss das Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden
  • beträgt das Weihnachtsgeld „wesentlich mehr als ein Monatsgehalt“ (also im Zweifel mehr als zwei Gehälter) darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch über den 30.6. des Folgejahres hinaus binden
  • in einem Tarifvertrag können auch längere Bindungsfristen für niedrigere Gratifikationen vereinbart werden

Muss ich Steuern und Sozialabgaben auf das Weihnachtsgeld zahlen?

Ja. Sie müssen das Weihnachtsgeld versteuern und – im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenze – Sozialabgaben darauf zahlen (sonstiger Bezug). Allerdings ist das Weihnachtsgeld nicht allein dem Monat der Auszahlung zuzurechnen, sondern als sogenannte „Einmalzahlung“ dem gesamten Jahr, falls durch die Zahlung des Weihnachtsgeldes die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung überstiegen wird.

Wie Sie sehen, ist die Zahlung von Weihnachtsgeld nicht immer freiwillig, auch wenn das möglicherweise so in Ihrem Arbeitsvertrag steht oder Ihr Arbeitgeber das behauptet. Es gibt eine Vielzahl von Stolpersteinen, die zur Unwirksamkeit einer solchen Regelung führen. Sie sollten sich deshalb frühzeitig anwaltlich beraten lassen.

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